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Leica M10: Neue Profi-Kamera im Praxis-Test

Die Bezeichnung „Traditionsfirma“ ist für Leica fast schon eine Untertreibung: Hier hat man vor über einhundert Jahren die Kleinbildfotografie erfunden. Die erste Leica ist der Urahn aller kompakten Fotoapparate. Das Traditionsmodell der Wetzlarer Firma ist die Leica M, die seit 1954 in vielen Varianten vom Produktionsband läuft. Digitale Modelle der Leica M gibt es erst seit gut zehn Jahren – los ging es damals mit derLeica M8. Neustes Modell der Serie ist die Leica M10. COMPUTER BILD konnte die kompakte Profi-Kamera schon ausgiebig ausprobieren.Schlanker, nicht leichterBei den bisherigen Leica-M-Kameras ließen sich die digitalen Modelle sehr leicht erkennen: Das Gehäuse war deutlich dicker als bei den Varianten für Kleinbildfilm. Die Leica M10 ist nun etwas schlanker und nur noch 38,5 Millimeter dick. Das dürfte viele Leica-M-Enthusiasten freuen, zumal die M10 dadurch auch etwas besser in der Hand liegt. Am Gewicht aber hat sich nur wenig getan: Reichlich Metall sorgt dafür, dass die Kamera schon ohne Objektiv 660 Gramm auf die Waage bringt. Mit dem sehr kompakten und sehr lichtstarken Weitwinkel Leica Summilux-M 35mm 1:1,4 wiegt die Leica M10 beispielsweise ziemlich genau 1 Kilogramm. Das ist weniger als bei einer ähnlichen Kombi aus Spiegelreflex und Weitwinkel, fühlt sich aber schwerer an, da die M10 deutlich kleiner ist.Beispielbilder der Leica M1018 BilderZur BildergalerieLeica M10: Vollformat mit 24 MegapixelIm Gehäuse der Leica M10 steckt ein Vollformatsensor (Sensorgröße 24x36 Millimeter) mit 24 Megapixel. Die Auflösung ist im Vergleich zum Vorgänger Leica M (Typ 240) gleichgeblieben. Der Sensor ist aber lichtempfindlicher geworden und erlaubt jetzt eine ISO-Einstellung bis ISO 50.000. Dieser Extremwert ist aber eher was für Notfälle. Im Test sahen die Bilder bis ISO 3.200 richtig gut aus, ab ISO 6.400 ist dann langsam Bildrauschen sichtbar, das ein wenig der Körnigkeit von hochempfindlichen Filmen ähnelt. In der Praxis bringt der neue Sensor etwa eine ISO-Stufe Vorteil gegenüber dem Sensor des Vorgängermodells, der beispielsweise auch in derLeica M (Typ 262)zum Einsatz kommt. Der M10-Sensor steckt auch in ähnlicher Form in der Profi-SystemkameraLeica SLund in der Edel-KompaktkameraLeica Q (Typ 116). Ein neuer Bildprozessor und mehr Arbeitsspeicher sorgen dafür, dass die M10 bei Serien flotter ist als ihre Vorgänger: Sie schafft bis zu fünf Bilder pro Sekunde. Mit vollem Tempo sind 16 Fotos im RAW-Format möglich, danach ist der Zwischenspeicher voll. Wer im JPEG-Format Serien schießt, schafft etwa 30 Bilder mit Maximaltempo. Danach greift die M10 zu einem Trick: Sie zeigt die frisch geschossenen Bilder erst nach etwas Wartezeit an, nimmt aber weiter Bilder auf – mit leicht verringertem Tempo.Messsucher statt AutofokusDie Leica M10 bleibt dem selten gewordenen Messsucher-Prinzip treu. Diese Technik – entwickelt in den 1930er-Jahren – ermöglicht genaues Scharfstellen, ohne dass man durch das Objektiv gucken muss. Über einen Ring im Objektiv lässt sich die eingestellte Entfernung mechanisch zur Kamera übertragen. Dabei bewegt sich eine zweite Optik, deren Bild in das Sucherbild eingespiegelt wird. Liegen beide Bilder übereinander, sitzt die Schärfe auf dem Punkt. Die mechanisch und optisch sehr aufwendige Technik funktioniert mit etwas Übung ziemlich flott – das Tempo eines modernen Autofokus erreicht sie aber nicht. Zudem braucht man immer etwas Licht, um die beiden Bilder zu unterscheiden. Dafür lässt sich die Schärfe aber bei lichtstarken Weitwinkelobjektiven wie dem Leica Summilux-M 35mm 1:1,4 sehr genau auf den Punkt legen. Das klappt bei Systemkameras oder Spiegelreflexmodellen nur dann genauso präzise, wenn man im LiveView einen Bildausschnitt stark vergrößert.Gegenüber den Vorgängermodellen Leica M (Typ 240) undLeica M (Typ 262)fällt die Leica M10 schlanker aus, dadurch liegt sie besser in der Hand.Zwei neue SucherDer Messsucher der M10 ist deutlich größer als bei den bisherigen Modellen und zeigt auch ein helleres Bild – ein deutlicher Vorteil gegenüber den anderen M-Ausführungen. So haben jetzt auch Brillenträger die Möglichkeit, das gesamte Sucherbild zu überblicken, da die Austrittspupille des Suchers weiter hinten liegt. Mit längeren Brennweiten klappt das richtig gut, nur bei 28 Millimeter Brennweite müssen Brillenträger wieder ein bisschen in die Ecken des Suchers schielen. Einen elektronischen Sucher gab es auch schon bei der Leica M (Typ 240) und der Leica M-P (Typ 240). Die M10 übernimmt jetzt den Sucher derLeica T (Typ 701)und Leica TL. Der zeigt dank etwas höherer Auflösung (1024x768 statt 800x600 Pixel) ein etwas besseres Bild und hat einen GPS-Empfänger eingebaut. Damit lässt sich der Aufnahmeort in den Bilddateien speichern. Erfreulich: Die Leica M10 hat WLAN eingebaut, das spart im Vergleich zum Vorgänger einen umständlichen und nicht ganz günstigen Adapter. Die passende App gibt es bisher nur füriOS. Wie bei derLeica Q (Typ 116)und derLeica SLdürfte aber eine Android-App folgen.Leica M10 hat fast keine TastenDie Leica M10 hat sehr wenige Bedienelemente. Auf der Rückseite sitzen gerade einmal drei Tasten und eine Kreuzwippe, auf dem Gehäusedeckel das Zeitenrad und der Auslöser mit Einschalter. Neu hinzugekommen ist ein ISO-Wahlrad. Darüber lassen sich die wichtigsten Empfindlichkeitswerte von ISO 100 bis ISO 6.400 in ganzen Stufen einstellen. Wer feiner einstellen will, dreht das Rad aufMund wählt den ISO-Wert über das Kameramenü. Wer es bequemer haben will, stellt aufAfür ISO-Automatik. Nach dem Drücken der Menütaste zeigt die Kamera erst einmal das Favoritenmenü, das sich an die Vorlieben des Fotografen anpassen lässt. Nochmaliges Drücken ruft das Hauptmenü auf. Schade: Leica hat die Videoaufnahmetaste samt Videofunktion wegrationalisiert. Die M10 gehört damit – wie dieNikon Df– zu einer sehr kleinen Gruppe von Kameras, die trotz LiveView kein Video aufnehmen. Wer letzteres mit einer Leica tun will, greift am besten zurLeica SLund kann dann sogar in Cinema 4K (4096x2160 Pixel) filmen – das kann keine M.Die Leica M10 kommt mit sehr wenigen Bedienelementen aus. Auf der Oberseite gibt es neben der Auslöser-Einschalter-Kombi nur noch das Zeiten- und ISO-Rad.Genau arbeiten, dann sieht es top ausFalsche Entfernung oder falsche Belichtung: Wie alle M-Kameras verzeiht die Leica M10 keine Ungenauigkeiten des Fotografen. Wer beispielsweise bei Gegenlicht mit Zeitautomatik fotografiert, sollte sich angewöhnen, mit dem Belichtungsspeicher zu arbeiten (Kamera etwas nach unten, dann den Auslöser halb gedrückt halten und zurück aufs Motiv) – sonst entpuppen sich die Bilder schnell als zu dunkel. Noch wichtiger ist genaue Arbeit aber beim Scharfstellen: Wer da nicht aufpasst, sammelt schnell reihenweise unscharfe Fotos. Richtig fokussiert und belichtet sehen die Bilder der M10 hingegen toll aus: knackscharfe, satte und trotzdem natürliche Farben, dazu genau die richtige Portion Kontrast. Und das auch ohne aufwendige Nacharbeiten mit einem Bildprogramm. Nur bei extrem kontrastreichen Motiven ist es sinnvoll, im RAW-Format zu fotografieren oder etwas knapper (dunkler) zu belichten, damit extrem helle Bildpartien nicht „ausfressen” (komplett weiß dargestellt werden).Klein, aber feinPraktisch alle Leica-Objektive für die M10 sind Festbrennweiten. Durch die Bank klein, lichtstark und sehr solide gebaut. Die Bildqualität überzeugt schon bei offener Blende – da muss man nicht unbedingt hohe ISO-Werte einstellen. Eine Alternative zu neuen, teuren Leica-Optiken sind gebrauchte Objektive mit M-Bajonett. Bei sehr alten Objektiven (mehr als 30 Jahre) muss man genauer hinschauen: Da passt nicht jedes Modell an die M10. Daneben bieten noch andere Hersteller Objektive für die M10 an, darunterVoigtländerundZeiss. Auf den Luxus eines Bildstabilisators verzichten alle Objektive. Wer auch mit etwas längeren Verschlusszeiten verwacklungsfreie Bilder haben will, sollte die Kamera immer fest mit beiden Händen packen: Mit der linken Hand von unten, abgestützt auf dem Brustkorb, mit der rechten Hand die rechte Seite mit dem Daumen auf der Kamerarückseite.Praktisch: Drückt man die Menütaste, zeigt die Leica M10 zuerst das Favoritenmenü, das sich an die Bedürfnisse des Fotografen anpassen lässt.Lange Akku-LaufzeitEin Zugeständnis an das dünnere Gehäuse: Die Leica M10 hat einen kleineren Akku mit weniger Kapazität bekommen (gut 8 statt bisher gut 13 Wattstunden). Wer M-typisch fotografiert, nur selten im LiveView arbeitet und keine sehr langen Serien schießt, muss aber trotzdem nur selten aufladen. Da reicht der Akku locker für knapp 1.000 Bilder. Wer dagegen ausgiebig Bilder auf dem Display betrachtet oder häufig den LiveView nutzt, plant besser eine zweiten Akku ein, denn sobald der Bildschirm an ist, leert sich der Akku deutlich schneller. Kleine Nettigkeit vom Hersteller: Das Ladegerät kommt mit drei Netzkabeln, für europäische und US-amerikanische Steckdosen sowie per Adapter für die 12-Volt-Steckdose im Auto.Die aktuellen Kamera-Neuheiten59 KamerasFrische Fotoapparate ansehenLeica M10: Preis und VerfügbarkeitDie Leica M10 gibt es in zwei Gehäusevarianten: eine schwarze und eine verchromte. Der Preis für beide Versionen: 6.500 Euro ohne Objektiv. Sets mit Objektiv sind vorerst nicht geplant. Die macht Leica nur mit den älteren M-Modellen – wer hier die Kamera mit Objektiv kauft, kann bis zu 2.000 Euro sparen. Wer jetzt eine Leica M10 kaufen will, muss mit Lieferzeit rechnen. Trotz des deftigen Preises wurden viele Leica-Händler mit Vorbestellungen überrannt.

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July 30,2022

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